F kommt abends bei Dunkelheit von einer Geburtstagsfeier zurück. Da er Alkohol getrunken hatte, geht er zu Fuß. F nähert sich einem Fußgängerweg, um die Straßenseite zu wechseln. Von links sieht er auf der gegenüberliegenden Fahrbahn das Fahrzeug des P, welches sich dem Fußgängerüberweg nähert. Er schätzt die Entfernung auf 50 Meter ein. In Erwartung, dass der Abstand groß genug ist, überquert er die Fahrbahn. Es kommt trotzdem zur Kollision, durch die dem F erhebliche Verletzungen zugefügt werden. Die Versicherung des Pkw-Führers macht dem F in der anschließenden Korrespondenz den Vorwurf, dass er das Fahrzeug des P hätte sehen müssen und die Überquerung der Fahrbahn bis zum Passieren des P hätte zurückstellen müssen. Offensichtlich sei er aufgrund des polizeilich festgestellten Alkoholwertes von 1,1 Promille nicht in der Lage gewesen, die Gefahr realistisch einzuschätzen. Die Versicherung lehnt einen Schadensersatzanspruch ab.
F sucht einen im Verkehrsrecht tätigen Rechtsanwalt in Esens auf und fragt nach Rat. Der Rechtsanwalt fragt den F zunächst, ob es sich am Unfallort um einen gekennzeichneten Fußgängerweg mit Zebrastreifen handelt, der mit dem Verkehrszeichen 350 der StVO gekennzeichnet ist. Dies wird von F bejaht. Der Rechtsanwalt weist F auf die verkehrsrechtliche Regelung des § 26 StVG hin. Danach dürfen Fahrzeuge an Fußgängerüberwege nur mit gemäßigter Geschwindigkeit heranfahren und müssen wenn nötig warten, wenn Fußgänger diesen passieren. Allerdings gilt dies im Verkehrsrecht nicht uneingeschränkt. So darf ein Fußgänger nicht blind darauf vertrauen, dass ein herannahender Pkw dieses Gebot beachtet. In einer verkehrsrechtlichen Grundsatzentscheidung zu diesem Problem wies der BGH darauf hin, dass sich ein Füßgänger vor dem Überqueren der Fahrbahn „mindestens durch einen beiläufigen Blick nach den Seiten von der Verkehrslage überzeugen (muss) und bei erkennbarer Gefährdung durch herannahende Kraftfahrzeuge mit der Überquerung der Fahrbahn warten (muss)“; vgl. BGH, NJW 1982, 2385. Der im Verkehrsrecht tätige Rechtsanwalt fragt daher den F zunächst, ob der Übergang zu nächtlicher Zeit ausgeleuchtet war. Dies war der Fall. Eine weitere Obliegenheit sieht das Verkehrsrecht in der Pflicht des Fußgängers, die Überquerung zügig durchzuführen. F erklärt, dass er sich direkt nach Einschätzung der Entfernung des Pkw auf den Weg machte und sicher war, dass er für den Pkw gut erkennbar war. Hier hackt der im Verkehrsrecht tätige Rechtsanwalt nach und möchte wissen, ob F den Pkw auch während der Überquerung im Auge behalten hatte. In der vorgenannten verkehrsrechtlichen Entscheidung führt der BGH aus, dass auch während der Überquerung der Umgebungsverkehr nicht außer Acht gelassen werden darf. F teilt mit, dass er sich sicher war, dass der Pkw-Fahrer die Situation richtig einschätzen wird. Der im Verkehrsrecht tätige Rechtsanwalt weist den F darauf hin, dass die Versicherung versuchen wird, dem F ein doppeltes Mitverschulden anzulasten. Zum einen wird versucht werden, dem F zu unterstellen, er hätte sich in der Entfernung des Pkw verschätzt, so dass bei ihm eine unvernünftige Selbstgefährung vorläge. Zum anderen wird die Versicherung zu behaupten versuchen, der Alkoholkonsum des F hätte sich auf den Unfall ausgewirkt. Anhand der vorzitierten verkehrsrechtlichen Entscheidung weist derRechtsanwalt den F jedoch darauf hin, dass der Alkoholkonsum nur dann ein Mitverschulden im Verkehrsrecht auslöst, wenn eine Auswirkung nachgewiesen ist bzw. bei einem hohen Alkoholisierungsgrad eine Vermutung für ein alkoholbedingtes Verkehrsversagen besteht. Zum anderen liegen aufgrund der sicherer Wiedergabe des Geschehensablaufs keine Hinweise auf eine leichtfertige Eigengefährdung des F vor.
F beauftragt aufgrund dieser Darlegungen den im Verkehrsrecht tätigen Rechtsanwalt, seinen Schmerzensgeldanspruch durchzusetzen.
Auch in diesem Fall berät der im Verkehrsrecht tätige Rechtsanwalt.